Es war im Jahr 2006 als ich für eine große Deutsche Tageszeitung im Rahmen eines Praktikums den Auftrag hatte, Stimmen vom Berlin Marathon einzuholen. Damals war Marathon für mich immer etwas Abstraktes – zum einen unerreichbar, zum anderen hatte ich nie in Erwägung gezogen, es selbst zu versuchen. Und dann begann im Jahr 2010 der Eintritt in mein Läuferleben. Spätestens der Aufenthalt im Läuferland Äthiopien zwei Jahre später und die dortige Laufmentalität – Mittel zum Zweck (Schulweg, Postsendungen etc.) und das Selbstbewusstsein, in einer olympischen Disziplin anderen, wohlhabenden Ländern dieser Erde haushoch überlegen zu sein – beeindruckte mich. Die Lektüre von „The Barefoot Runner“, einer Biographie über den äthiopischen Marathon-Olympiasieger Abebe Bikila, tat ihr Übriges. Ich entdeckte den Läuferspirit. Fasziniert davon hatte ich ein neues Ziel: Marathon laufen. Der Weg dahin war eine lange Reise…
Vier Wochen nach meiner Äthiopienreise lief ich meinen ersten Halbmarathon in Wien – gefolgt von ungefähr zehn weiteren bis zum 29. September 2013: der Tag des 40. BMW Berlin Marathons, an dem ich mit 36543 weiteren Hobbyathleten nach 42,195 Kilometern und 3h 35min 32sec die Start- und (ganz wichtig) Ziellinie überquerte.
Es ist schwierig, „Nichtinfizierten“ zu erklären, worin die Faszination Marathon besteht und mit welchen Gefühlen man schon während aber auch vor allem nach den 42,195 Kilometern belohnt wird.
Retrospektiv war der Marathon die Kür und Belohnung für eine harte Trainingsphase, die ich – freiwillig wohlgemerkt – auf mich genommen hatte. Folgender Dialog beschreibt wohl ganz gut, dass es nicht immer einfach war, die erforderliche Disziplin aufzubringen.
Freitags, kurz nach 18 Uhr und einem stressigen Arbeitstag in einem Berliner Agenturbüro in Mitte (draußen regnet es in Strömen und es ist nicht gerade lauschig warm):
Kollege: Und, was machst du heute noch so?
Ich (mit Blick nach draußen): Ich fahre jetzt nach Hause, dann ziehe ich mich um und gehe 30 km Laufen.
Kopfschütteln, Unverständnis, Achselzucken am gegenüberliegenden Schreibtisch.
Im Nachhinein und schon währenddessen bin ich vollkommen überzeugt davon, dass sich die Anstrengungen und Strapazen für mich gelohnt haben. Allein schon wegen der letzten zwei Kilometer: getragen von der jubelnden Menschenmenge die Strecke über den Pariser Platz durchs Brandenburger Tor die letzten Meter auf der Straße des 17. Juni ins Ziel zu laufen – ein einmaliges, unvergessliches, unbeschreibliches Gefühl. Hart erarbeitete Endorphinströme vereinnahmen den Körper (und verharren dort für ca. eine Woche).
Ich habe das erreicht, was ich wollte: mit einem Lächeln auf den Lippen durchs Ziel zu laufen. Und das beste daran ist: Das kann mir keiner mehr nehmen. Ich bin für immer Marathoni.
Finish.
Bilder zu Berlin: hier.